Ich folge den autobiographischen Hinweisen Adolf Damaschkes (1865 – 1935) in eine Kindheit der Gründerzeit. Adolf Damaschke lebte die ersten 10 Jahre am Hackeschen Markt, in der Rosenthaler Straße.
Er schreibt in seiner Autobiographie:
„Wenige Minuten vom Lustgarten entfernt, ..., liegt der Hackesche Markt, so genannt nach dem Major, der unter Friedrich dem Großen die Stadterweiterung nach dieser Richtung leiten sollte.
Er war ein Stümper.
Das Gewirr der Straßen lässt keinen einheitlichen Plan erkennen. ... Sie sind entweder völlig planlos entstanden oder ... nach dem Vorteil jeweiliger einflussreicher Grundbesitzer gezogen.“
Zur Rosenthaler Straße 39
„Der Hof war schmal. ... Am Ende des Hofes, der uns Kindern endlos lang vorkam, war gerade zu der Eingang zu 'Fritz Kellers Gartenlokal'. ... Auf dem zweiten Hof war eine Wagenremise, der Stall für die Pferde des Möbellagers Dessin, ein Heuboden und eine Reihe von Aborten; denn Wasserklosetts wie heute gab es noch nicht, am wenigsten in Hofwohnungen. ...
Der lange Hof lud namentlich in den Dämmerstunden zum Versteckspielen ein.
Eigentlich hatte ich – wie jedes Kind der Mietskaserne – keine Stätte wo ich von rechtswegen sein durfte. In der engen Wohnung war für ein gesundes Kind seinem Bewegungs- und Betätigungstrieb natürlich kein Raum. Auf dem Hofe fand sich der übliche Anschlag: Der Aufenthalt auf dem Hofe und das Spielen sind verboten. Überall, wo man war, verstieß man gegen Vorschriften. ...
Im Winter, wenn wir nicht auf dem Hofe und auf der Straße sein konnten, war das Kriegsspiel beliebt, ... wurden unsere Bleisoldaten vorgenommen. Jeder bekam die gleiche Anzahl und dann wurde entweder mit Erbsen aus kleinen Kanonen geschossen oder mit Murmeln versucht, die gegnerischen Streitkräfte umzuschieben. Sonntags sahen wir wohl einen Guckkasten an, den Vater hergestellt hatte. Man sah allerlei Wunder der Welt. Die blaue Grotte von Capri sehe ich noch vor mir. Daneben waren Schlachtenbilder von 1870/71 bevorzugt."
Baden in der Spree
„Im Sommer badeten wir, wenn irgend möglich, täglich der Spree. In den Volksbadeanstalten kostete ein Bad fünf Pfenning oder wie wir, die wir noch den alten Groschen zu 12 Pfennig kannten, natürlich sagten: einen „Sechser“. Aber das war teuer. Und so bewarb man sich, meist mit Erfolg, um eine städtische Freikarte.“
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Alte Nationalgalerie
Die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel war noch sehr jung, als Adolf Damaschke 1865 geboren wurde und in seiner Kindheit hier das Reifenspiel abhielt:
„Eines unserer liebsten Spiele war das Reifenspiel, und war Ziel löblichen Ehrgeizes, einmal seinen Reifen von unserem Hause bis zur nächsten Querstraße, der Sophienstraße, hin und zurück zu treiben, ohne dass er von einem der vielen Fußgänger umgestoßen wurde. Am schönsten konnte man dieses Spiel in den Hallen der Nationalgalerie treiben. Unverständig erschienen uns nur die Erbauer, die offenbar den Standpunkt des Reifenspiels in seiner Bedeutung noch nicht genügend erfasst hatten, da sich rücksichtslos genug gewesen waren, die schönen Asphaltbahnen durch störende Stufen zu unterbrechen, die aus den Säulengängen zu den Fahrwegen hinabführten.“
„Ein erheblicher Teil aller menschlichen Begegnung besteht darin, dass einer dem anderen 'seine Geschichte' erzählt." (Ferdinand Seibt)* --- Was sind Geschichtenhäuser? --- Geschichtenhäuser sind gesammelte Geschichten um Häuser, Orte und Gegenden.